Jean-Pol Martins Blog

Gemeinsam Wissen konstruieren

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CS, Herr Rau und die Ökonomie der Aufmerksamkeit


Resume Noch einmal zum Thema: „Wie bringt man Menschen dazu, neues Wissen zu konstruieren?“ CS konstruiert neues Wissen, das von Herrn Rau aufgenommen wird.

1. Man kommuniziert dann, wenn der eine etwas weiß, was der andere nicht weiß.

Als Lehrer für Französisch und Deutsch war mein wichtigstes Anliegen, die Schüler dazu zu bringen, miteinander themenbezogen zu kommunizieren. Im musste also eine Situation schaffen, in der die einen über ein für die anderen neues und relevantes Wissen verfügten (siehe: „Ich weiß was, was du nicht weißt„).  Und so entstand LdL. Bald stellte sich natürlich die Frage, was genau „relevantes Wissen“ bedeutet. Im Unterricht liegt schon einmal der Lernstoff vor, der eine gewisse Relevanz besitzt, denn Lehrplanautoren sind nicht a priori dumm. Aber es muss ein anderes Wissen dazukommen, damit die Schüler wirklich ein hohe Motivation haben, diesen Stoff weiterzugeben. Wenn ich die Schüler in die Situation bringe, dass sie selbst relevantes Wissen konstruieren, dann ist die Chance größer, dass sie dieses auch ihren Mitschülern vermitteln wollen. So lasse ich sowohl in der Schule als auch an der Uni kleine und größere Projekte durchführen, die in die Schaffung neuen Wissens münden (siehe IPK).

2. Neues Wissen konstruieren und diffundieren.

Als Didaktiker und Pädagoge möchte ich, dass meine Schüler und Studenten ein Wissen erstellen, das zur Vebesserung unser aller Situation führt. Es hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnten beispielsweise gezeigt, dass der Einsatz der Methode Lernen durch Lehren im Unterricht zu einer deutlichen Verbesserung des Lernklimas und der Lernerfolge führen kann. Insofern liegt ein Wissen vor, das im Sinne der „Weltverbesserung“ diffundiert werden sollte.  Es hat sich aber ergeben, dass nach dreißig Jahren Verbreitungsaktivitäten durch die LdL-Adepten die Methode als Begriff zwar bekannt wurde, aber dass die Lehreröffentlichkeit mit dem Terminus eine Vorstellung verbindet, die ganz und gar nicht der LdL-Theorie und der LdL-Praxis entsprechen.

3. CS & co. schaffen neues LdL-Wissen

Durch diverse Aktivitäten kam CS auf Lernen durch Lehren und er beschloss, seine Studenten im WS 2008-2009 damit zu befassen. Nachdem er und sein Kurs sich ein Bild dieser Methode anhand der vorhandenen Schriften und Filme verschafft hatten, fuhren sie nach Eichstätt, um dort Material zu sammeln. Bei all diesen Aktionen wurden sie kräftig durch Lutz Berger unterstützt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte diese Gruppe noch kein neues LdL-Wissen konstruiert. In Eichstätt aber entdeckten die Protagonisten, dass sie über die Schriften und Videos ein gänzlich anderes Bild von LdL gewonnen hatten, als die Praxis vor Ort zeigte. Es emergierte neues LdL-Wissen, das CS in einem epochalen Blogeintrag zusammenfasste.

4. CS weiß, was Herr Rau nicht weiß

Und nun greift die von mir beschriebene Dynamik der Wissenskonstruktion. CS & co. haben ein neues Wissen geschaffen, das im Bildungsbereich Relevanz besitzt, denn a) die Methode LdL wird in Seminaren und Zeitschriften erwähnt, b) die Vorstellung, die von LdL verbreitet wird, ist irrig, und c) CS & co. wissen nun wie LdL wirklich funktioniert und dass – richtig gehandhabt – die Methode eine Optimierung des Unterrichts darstellt. Sie wissen also viel mehr über das relevante Thema LdL als das Gros der Lehreröffentlichkeit. Herr Rau, der ein bekannter Lehrer-Blogger ist und eine große Reputation genießt, greift das Thema auf:  „Zuvor war LdL nämlich nur ein Schlagwort unter vielen für mich; an der Uni habe ich nichts davon gehört; die Ansätze im Unterricht, die ich mitgekriegt habe, liefern heraus auf: Schüler halten Referate zum neuen Stoff. Und das ist LdL nicht.“

Dank CS  & co. weiß Herr Rau was, was viele andere nicht wissen! Und viele Lehrer lesen den Blog von Herrn Rau.

Fazit Es bringt Aufmerksamkeit und Freude, wenn man etwas weiß, was andere nicht wissen. Besonders schön ist es, wenn man selbst das neue Wissen konstruiert hat. Und so kann man als Lehrer und Dozent andere Menschen motivieren neues, relevantes Wissen zu konstruieren.


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9 Antworten zu “CS, Herr Rau und die Ökonomie der Aufmerksamkeit”

  1. apropos stoffreduktion: das wird mein erstes problem werden, wenn ich in den semesterferien meinen stoff #umfangreich an LdL anpassen möchte. was die referatskultur anbetrifft, bin ich schon vom „vortrag“ ziemlich weit weg, weil ich den studenten viel vertrauen schenke im hinblick auf methode und inhalt…leider greife ich dann aber immer wieder (bisher) drakonisch ein und das führt zur wachstumshemmung der jungen pflänzchen.

    also – thema stoffreduktion: wie? eindampfen auf die kernthemen der modulbeschreibung (bachelor hat strenges modul) und anfertigen von mini-lernmodulen für minimalen wissenstransfer + referenzen zum weiterlesen?

    ich freu mich drauf, ehrlich gesagt. eine gefahr wird sein, wenn ich dann tatsächlich freiräume geschaffen habe, dass ich die nicht durhc meine hobbythemen fülle und so den platz den studenten wegnehme. vertrauen scheint eine große sache bei LdL zu sein…

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  2. @birkenkrahe
    Ja, Vertrauen ist das A und O, wobei natürlich man nicht naiv sein darf: es ist völlig klar, dass unsere Leute versuchen, für sich aus der Situation das beste zu holen: also sehr wenig zu tun. Daher muss man sehr viel Vertrauen in ihre Fähigkeit setzen und sie ermutigen, voll „die Sau rauszulassen“ was die Entfaltung der Fähigkeiten angeht, aber jeden versuch unterbinden, sich vor der Arbeit und der Leistung zu drücken. Alles offen nach oben (freiheit in ideen und leistungen) aber ganz geschlossen nach unten (blödsinn und faulheit). Schwer zu erklären, die erfahrung muss man selbst holen.

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  3. @birkenkrahe
    „also – thema stoffreduktion: wie? eindampfen auf die kernthemen der modulbeschreibung (bachelor hat strenges modul) und anfertigen von mini-lernmodulen für minimalen wissenstransfer + referenzen zum weiterlesen?“
    – Ja, eindämpfen auf minimalgröße, was den stoff angeht, den die studis sich gegenseitig beibringen sollen. und während des sitzungen auf der grundlage dieser basic-bausteine die leute so interagieren lassen (und lenken), dass sie immer höher steigen in das niveau der reflexion und des Wissensaufbaus. die LdL-Bausteine liefern die Wissensbasis, und im Kurs selbst wird nach oben geflochten mit dem wissen, das du einspeist, und den überlegungen, die sich daran anknüpfen. Du selbst musst extrem fitt sein in deinem fach, weil du immer aus der situation heraus neues einspeist. aber das traue ich dir ja zu!

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  4. Habe gerade über Heisenberg nachgedacht. Neues Wissen ergänzt manchmal altes Wissen. Neues Wissen ersetzt manchmal altes Wissen. Wissen ohne Verfallsdatum lässt sich daher nicht wirklich nutzen. Wissenschaften, die alle 5 Jahre ihr komplettes Wissen verdoppeln oder umschlagen, brauchen das erst recht. Wie sollte man sonst überholtes Wissen von frischem Wissen unterscheiden. Bei der Milchtüte schau ich ja auch aufs Datum. Und – natürlich *gg* – wie unterscheidet man ‚Gammelwissen‘ mit falschem Haltbarkeitsdatum von noch ‚haltbarem‘ Wissen?

    Nun die Frage in diesem Thread: Wer weiß denn nun was? Ist denn nun die Rezeption von LdL richtiger oder das Original? Oder anders gesagt: Was stand auf der Packung und was ist nun der wirkliche Inhalt? Oder ist das nun auch ’schwer zu erklären‘?

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  5. @itari
    Auf der Packung stand „Milch“. Und alle, die noch nie Milch sondern nur Wasser getrunken hatten, meinten, Milch sei im Grunde Wasser, nur eben weiß. Und sie machten sich nie die Mühe, einen Schluck Milch zu probieren. (oder ähnliches…:-)))

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  6. @JP

    dann scheint das hier also eine Marketing-Diskussion zum Thema ‚Milch‘ zu sein. OK!

    Wenn die Leute noch nie Milch getrunken haben, dann ist eine Verpackung mit der Aufschrift ‚Milch‘ natürlich noch nicht so sonderlich sinnvoll. Vielleicht wäre ‚Alternativ-Wasser, weiß-gefärbt mit neuem Geschmacksverstärkern; biologisch hergestellt und auch so abbaubar‘ besser??? Erst wenn das Geschmackserlebnis die Leute dann überzeugt hat, könnte man zur Phase 2 übergehen: einen Namensfindungs-Wettbewerb der Verbraucher. Vorschläge wären dann ‚Milch‘, ‚Weißwasser‘, ‚Eau de Vache‘ … natürlich würde parallel eine Begriffs-Wiedererkennung-Studie gestartet, bei der die Leute auf der Strasse beim Anblick weißen Wassers den Text ‚Milch‘ zu sehen bekämen. Ein paar Spots im TV mit Prominenten vor einer echte Kuh/Stute/Eselin wären auch nicht schlecht. Dann bekämen die Protagonisten kleine Muster mit echter Milch und vorgefertigte Studien würden in der einschlägigen Fachpressen lanciert und über Twitter würde man eine Milch-Community ins Leben rufen … Nach der Einführungsaktion kannst in die Milchtüte rein tun was du willst; alle werden von Milch überzeugt sein, egal wie es schmeckt, nur die Tüte muss als Aufschrift ‚Milch‘ haben und das Haltbarkeitsdatum muss stimmen 😉

    Ähm … trinkt man Milch eigentlich oder badet man darin … ich bin mir im Moment nicht mehr so sicher 😉

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  7. @Itari
    Hervorragend! Hättest du nicht Lust, am 9. Mai nach Ludwigsburg zu kommen und eine entprechende LdL-Marketinggruppe ins Leben zu rufen?
    http://ldl.mixxt.de/
    Wie ich dich inzwischen kennen, wirst du mit einem geistvollen Satz ablehnen. Dann werden wir, du und ich, weder in Milch, noch in einem LdL-Püree-Konsommee baden können.

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