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Informationsverarbeitung und warum ich nach (mehr) Ruhm strebe


1. Informationsverarbeitung macht glücklich und warum es so sein muss

– Die Gehirnforschung zeigt (Gerhard Portele, 1975, also nicht gerade neu), dass die Verarbeitung von Informationen im Gehirn positiv dekodiert wird. Anders ausgedrückt: es macht Spaß, Informationen zu verarbeiten, Texte zu lesen verursacht Kicks. Natürlich nicht alle Informationen, sondern welche, die bestimmte Merkmale aufweisen: nicht zu einfach (Unterforderung), aber nicht zu komplex (Überforderung), quantitativ nicht zu zahlreich, aber auch nicht zu wenig, usw.). Auf diesen Punkt werde ich später inn einem eigenen Beitrag ausführlich eingehen, weil er zentral für die Gestaltung der Lernumwelt ist: die Lernumwelt muss so struktuiert sein, dass der Mensch aus ihr die richtige Dosis an informativen Stimulis aktiv holen kann.

– Dass die Informationsverarbeitung im Gehirn stark belohnt wird ist deshalb im Bauplan der Natur vorgesehen, weil wir sonst nicht reflektieren würden. Brecht sagt: „Ohne Not denkt der Mensch nicht“. Nun ist Denken unabdingbar für das Überleben, denn wir müssen uns ständig an die Veränderungen der Umwelt anpassen, also ständig Informationen verarbeiten. Auch die anderen vitalen Funktionen werden vom Organismus (Gehirn) stark belohnt. Sonst würden wir die Strapazen nicht auf uns nehmen. Wenn Essen oder Trinken nicht so positiv belohnt würde, würden wir diesen lächerlichen Vorgang nicht auf uns nehmen. Wir würden nicht Flüssigkeit (Wasser, Wein oder Bier) oder eine gelatinöse Masse (Kuchen, Fleisch, Fisch) durch eine Körperöffnung (Mund) in unser Körper hineinwürgen. Dasselbe gilt in noch höherem Masse für den Geschlechtsverkehr: wer würde die Vorarbeiten und den Vorgang selbst durchführen, wenn die Natur dies nicht mit einer großen Belohnung versehen hätte? Wer würde überhaupt auf die akrobatische Idee kommen?

2. Ruhm und Informationsverarbeitung

Wenn Informationsverabeitung „glücklich“ macht, dann müssen Menschen, die nach Glück streben, ihre Umwelt so einrichten, dass sie permanent mit informativen Stimuli versorgt werden. Da mit zunehmender Zufuhr von Stimuli der Organismus in bezug auf die Qualität der Impulse immer anspruchsvoller wird, ist es schwer eine entsprechende Menge und Qualität flächendeckend zu erhalten.

Ruhm sichert eine relativ stabile Versorgung mit Aufmerksamkeit, also mit anspruchsvollen, quantitativ hohen informativen Stimuli.

3. Mach die Menschen, die mit dir zusammenarbeiten, berühmt!

Wenn Menschen mit dir zusammenarbeiten, müssen sie belohnt werden. Sie müssen spüren, dass ihr Leben durch die Zusammenarbeit mit dir an Qualität gewinnt. Verschaffe ihnen also Aufmerksamkeit (informative Stimuli). Und das gelingt am besten im Rahmen von langfristigen „Weltverbesserungsprojekten“: Dauerflow! Allerdings müssen diese ganzen Aktivitäten einen Sinn haben. Der Sinn ist, dass unsere Problemlösekapazitäten dabei wachsen. Und hier sind wir bei der Welt, im selben Bot wie Obama!:-)))


41 Antworten zu “Informationsverarbeitung und warum ich nach (mehr) Ruhm strebe”

  1. Der ist neu in der Gesamtdiskussion und stammt ganz von mir!.-))) Allerdings habe ich das bereits 1985 in meiner Dissertation veröffentlicht. So lange dauern Diffundierungsprozesse. Ich hoffe, euch gibt es das gute Gefühl, dass ich noch einiges auf Lager habe!

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  2. Du sorgst immer wieder für Überraschung und lädst zum Reflektieren eigener Denk- und Verhaltensgewohnheiten ein. 😉

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  3. Denken, neue Synapsen bilden macht glücklich – das kennen wir wenn wir Probleme lösen, oder kommunizieren, uns austauschen und etwas Neues entsteht. „Ohne Not denkt der Mensch nicht“ – nicht ganz, da nicht denken, nicht möglich ist – aber, wenn wir uns die letzten Jahre anschauen, so können wir feststellen, dass Denken immer mehr erwünscht ist.

    Sei es hier im Internet, sei es, in der Arbeitswelt oder in der Politik. „Wir“ stellen immer mehr fest, dass dort, wo wir Denken nicht fördern und fordern, eher Unmut entsteht…

    Informationsverarbeitung macht dann glücklich, wenn ein Ziel verfolgt wird unddie „Denker“ ihre Information positiv nutzen können.
    Wenn aber nur darüber (nach)gedacht wird (Information gesammelt und verarbeitet), warum etwas nicht funktioniert und/oder die „Denker“, ob ihres denken, nicht weiterkommen (z.B. am Arbeitsplatz, in der Schule usw.) – dann kann es durchaus auch unglücklich machen….

    Der Flow setzt nicht ein, die Belohnung fehlt bzw. zeigt sich im negativem Gefühl („…ach würde ich doch nicht immer so viel denken; …was haben die es gut, die nicht so viel denken“)

    In Punkt 2 und 3 ist ein möglicher Weg gezeichnet, wie durch die individuelle, persönliche Gestaltung des „Informationsumfeldes“ das „glückliche“ Denken in Flow kommt, im Flow bleibt…

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  4. Hallo, dass Denken erwünscht sei, muss ich leider bestreiten.
    Wie könnte sonst zwanzig Jahre lang kollektiv eine Finanzpolitik betrieben werden, bei der aus 5% realem Produktionszuwachs 25% Gewinnzuwachs entstehen sollen?
    Wie könnte über Jahrzehnte die Vorstellung verbreitet werden, dass exponentielles Wachstum eine notwendige Voraussetzung für Entwicklung sei, wo es doch die Voraussetzung für regelmäßige Zusammenbrüche ist und bei Ausbleiben solcher Zusammenbrüche zur totalen Katastrophe führen muss.
    Weil die Herrschaft über die Natur größer wird, muss die Selbstkontrolle größer werden, wenn nicht die Lebensgrundlagen zerstört werden sollen.
    Das heißt: Denken ist notwendig, aber in allen undemokratisch organisierten Systemen nur als eingehegtes Denken akzeptiert.

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  5. @apanat
    Die Perspektive von JPM ist – soweit ich das verstanden habe – weniger das Denken selber. Dieses findet selbstverständlich immer schon statt und kann kaum ausgeschaltet werden.

    Wichtiger ist die Frage nach der Belohnung und die damit einhergehende Reflexion „Für welches Ziel mache ich das?“. Und „wir“ haben scheinbar in den letzten Jahren eine Politik belohnt, die zu den von Dir genannten Auswüchsen geführt hat.

    @all
    In gewisser Weise ist Belohnung dann auch gefährlich und kann zur Manipulation führen. Orden empfinden viele als soziale Anerkennung, weshalb es in autoritären Regimen mit zu den wichtigsten Ritualen gehört, Orden und Pöstchen zu verteilen.

    Daher würde ich gerne zu dem „Denken“ und „Belohnen“ noch „cui bono“ ergänzen.

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  6. […] Als Pädagoge ist mein zentrales Anliegen die Frage, wie ich Menschen helfen kann, ihr Leben glücklich zu gestalten. Mit meinen 65 Jahren verfüge ich über genug empirisches Material. Eine für mich gesicherte Erkenntnis ist, dass Glück als dauerhafte (wenn auch nicht vollständige) Befriedigung der von Maslow beschriebenen Grundbedürfnisse definiert werden kann. Der Organismus belohnt den Akt der Bedürfnisbefriedigung in der Regel mit “Kicks”. Dabei behaupte ich, dass alle von Maslow aufgelisteten Bedürfnisse der Kategorie “Kontrollbedürfnis” zugeordnet werden können. Allein mit diesem Denkinstrument kann ich mich dem Glück nähern, indem ich Situationen schaffe, in denen die genannten Bedürfnisse Chancen haben, zu einer Befriedigung zu gelangen. Nebenbei: kurzfristig kann man durch schnellen, gierigen Zugriff auf Ressourcen seinen Kick bekommen. Langfristig ist Mäßigung (Tugend) zu empfehlen. Gerade im Bereich der physiologischen Bedürfnisse, insbesondere der Sexualität ist dies besonders auffällig: die Treue sichert den dauerhaften Zugriff. Meine neue Entdeckung im Jahr 2008: auch die Informationsverarbeitung ist ein Grundbedürfnis. […]

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  7. […] An anderer Stelle habe ich bereits ausführlich beschrieben, dass und warum Informationsverarbeitung ein Grundbedürfnis von Lebewesen ist. Als Professor, Lehrer und Projektleiter musste ich die letzten 40 Jahre intensiv relevante Informationen verarbeiten und Entscheidungen treffen. Ich war also ausreichend mit der Droge Information (als Quelle der Bedürfnisbefriedigung) versorgt. Da ich im Ruhestand bin und nicht mehr in dem oben beschriebenen Kontext lebe, musste ich mir aktiv äquivalente Strukturen schaffen, was mir nun fast gelungen ist (siehe Die 7 Projekte).  Es bleiben noch ein paar Lücken, die ich durch die Wiederaufnahme der Mitarbeit bei den Grünen schließen möchte, damit ich wirklich flächendeckend in Handlungssträngen involviert bin (permanente Zufuhr von gehirnaktivierenden, relevanten Impulsen). […]

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  8. Natürlich ist Informationsbedürfnis bei jedem Menschen da und ganz sicher reagiert er glücklich auf die Kontakte und die Feedbacks die im dabei begegnen. Wird man süchtig danach??

    Ganz schwierig finde ich es, wenn man sich von der Aufmerksamkeit der anderen abhängig macht und Zuwendung und Lob einfordert. Dann gerate ich in einen Zwiespalt und fühle mich nicht mehr anerkannt, wenn das Lob nicht erfolgt. Ich fühle mich ausgegrenzt und dies kann bis zur Depression führen. Sehr gefährlich…

    Ich finde es wichtig, Wege zu finden, die mich selbst stabilisieren und unabhängig von anderen machen. Kommt dann noch Zuwendung von außen, ist es optimal und führt tatsächlich dazu, glücklicher zu werden.

    LG Anntheres

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  9. @Anntheres
    Ich glaube nicht, dass ich von Lob gesprochen habe. Ich sage nur, dass wir Informationen brauchen, damit das Gehirn ausreichend mit Stimuli versorgt wird. Und wenn man bekannt ist, erhält man mehr und relevantere Informationen, als wenn niemand einen andockt.

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  10. […] Damit der Organismus die Handlungen durchführt, die seine Selbsterhaltung sichern (Grundbedürfnisse), muss der Anreiz groß sein, den entsprechenden Aufwand auf sich zu nehmen. So muss die Befriedigung der physiologischen Bedürfnisse mit großer Belohnung verbunden werden, sonst würde der Organismus die teilweise enormen Anstrengungen nicht auf sich nehmen. Als bestes Beispiel sei der Geschlechtsverkehr genannt, der insgesamt komplex und strapaziös ist und daher mit intensiven Glücksgefühlen belohnt werden muss. Sonst würde kein Lebewesen sich dieser Prozedur unterziehen und die Art würde prompt erlöschen.  Dasselbe gilt für die Informationsverarbeitung, die wenn eine optimale Stimulizufuhr (also weder Überaktivation noch Unteraktivation) erfolgt, als sehr positiv dekodiert wird (siehe auch: Warum ich nach Ruhm strebe): […]

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  11. […] An anderer Stelle habe ich beschrieben, dass Informationsverarbeitung (wohlgemerkt der Prozess der Verarbeitung, nicht das Ergebnis) ein Grundbedürfnis aller Lebewesen ist (Neugier). Über Informationsverarbeitung erhält man “Kicks”. Wo soll ich als Rentner meine Kicks holen? Wo konnte ich weiterlernen? Ich erinnerte mich an das gute Prinzip des Lernens durch Lehren und beschloss, Arbeitskreise für Philosophie anzubieten. Denn in Philosophie kenne ich mich überhaupt nicht aus. @Hosi half mir dabei.  Woher mein Wissen holen? Natürlich gibt es populärwissenschaftliche Darstellungen und Wikipedia-Artikel über Philosophen. Aber vor allem es gibt unter meinen Community-Partnern viele Leute, die sich super auskennen. Ich postete einen kleinen Blogbeitrag (Groteske Gründlichkeit) und es meldeten sich sofort tolle Lehrmeister und Lehrmeisterinnen. Ich wurde sehr gewarnt (Herr Larbig bekam sogar Bauchschmerzen), aber auch ermutigt. Besonders hilfreich waren Jörg Kantel, Herr Larbig, Filterraum und Lisa Rosa.  Auch Peter Blomert forderte und förderte mich sehr.  Gerade läuft unser virtueller Arbeitskreis “Philosophie für Senioren” und mein Lehrmeister ist Apanat. […]

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  12. Danke an Basti Hirsch, dass er in Facebook mich an diesen wunderbaren Eintrag von Dir aufmerksam gemacht hat.

    Auch mir geht es ähnlich, die Informationen und das Wissen, Interaktionen mit anderen Menschen und das beständige Lernen von Neuem ist was das Internet für mich lebenswert macht – auch und besonders für meine Arbeitsweise.

    Die Frage, die sich mir beständig -aus gegebenen Anlass (ich suche seit längerer Zeit eine [bezahlte] Arbeit)- stellt lautet:

    In welcher Weise kann ein derartig kreativer Wissensarbeiter in vorhandenen Unternehmen tätig werden, ohne dass sein Arbeits- und Informationsverhalten als Bedrohung empfunden wird?

    Vielen Dank für Deine/ Eure Hilfe!

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  13. @Ralf
    Das ist tatsächlich ein großes Problem. Mein Verhalten – das von einigen als überzogen, monomanisch, too much usw. empfunden wurde – habe ich erst nachdem ich als Lehrer einen festen Job hatte, entfalten können. Allerdings ist so ein Mensch sehr anstrengend, gewöhnungsbedürftig und schwer einzugliedern. Da schrecken viele davon ab, einen solchen einzustellen, es sei denn vielleicht im kreativen Sektor. Aber im Edu-Sektor wohl weniger…

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